Rückblick auf den Schneefall vom 8. April 2022

In der zweiten Tageshälfte von Freitag, dem 8. April 2022, kam es im gesamten Großherzogtum zu Schneefällen. Diese nahmen teilweise sogar eine starke Intensität an, insbesondere im Süden des Landes (Abb. 1). Am Flughafen Luxemburg-Findel wurde gegen 22:45 Uhr Ortszeit eine maximale Schneehöhe von ca. 2 cm gemessen. Dieser Artikel soll die atmosphärischen Bedingungen untersuchen, die zu diesem Schneefall führten.



Es sei darauf hingewiesen, dass nicht selten in einem Monat April eine signifikante Schneedecke (≥ 1 cm) beobachtet wird (18-mal seit 1947). In der Geschichte unserer Wetterstation am Flughafen Findel ist zuletzt eine geschlossene Schneedecke im April 2008 aufgetreten mit einer maximalen Schneehöhe von 7 cm, gemessen am 07.04.2008. Der absolute Rekord in einem Monat April ist am 27.04.1981 aufgetreten mit einer Schneedecke von maximal 18 cm Höhe.



Abbildung 1: Aufsummierter 24-stündiger Niederschlag (in mm) vom 8. April 2022 07:50 Uhr Ortszeit bis zum 9. April 2022 07:50 Uhr Ortszeit. Datenquelle: RADOLAN (DWD).

Allgemeine Wetterlage

In der Nacht von Donnerstag, 7. April, auf Freitag, 8. April 2022, entwickelte sich südwestlich von Irland über dem nahen Nordatlantik ein schwacher Tiefdruckwirbel, welcher von einem umfangreichen Tiefdruckkomplex über Skandinavien gesteuert wurde. Aufgrund einer in der Höhe vorhandenen westlichen Strömung verlagerte sich dieses Tief nach Osten. Das Drehzentrum des Tiefs befand sich am 8. April gegen 11:00 Uhr Ortszeit über der Bretagne (Abb. 2a) und erreichte am 8. April gegen 20:00 Uhr Ortszeit den Nordosten Frankreichs (Abb. 2d). Gleichzeitig befand sich Luxemburg nördlich einer quasi-stationären Frontalzone in einer kalten Luftmasse (Abb. 2). Der Warmsektor, der durch eine Luftmasse subtropischen Ursprungs gekennzeichnet war, beeinflusste einen Großteil Frankreichs, gefolgt vom Durchzug einer Kaltfront von West nach Ost bis zum späten Abend (Abb. 2).

Abbildung 2: Bodenanalyse des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 8. April 2022 a) um 11:00 Uhr Ortszeit, b) 14:00 Uhr Ortszeit, c) 17:00 Uhr Ortszeit und d) 20:00 Uhr Ortszeit. Die schwarzen Linien zeigen die Isobaren (in hPa).

Welche atmosphärischen Prozesse führten zum langanhaltenden Niederschlag?

Die laterale Verlagerung des Tiefs in relativem Bezug zu Luxemburg verursachte ein „Schleifen“ der Wetterfront über der Großregion während fast 15 Stunden. Darüber hinaus konnte diese Front durch den sogenannten Prozess der Frontogenese (Verstärkung der horizontalen Temperaturgegensätze durch verschiedene physikalische Prozesse), der in diesem Fall kontinuierlich isentropische Hebung erzeugte (milde Luft gleitet auf kalte Luft auf), ihre Aktivität über einen so langen Zeitraum aufrechterhalten. Ein vertikaler Schnitt durch das Frontensystem am 8. April gegen 20:00 Uhr Ortszeit zeigt ziemlich hohe Werte der Frontogenese über Luxemburg entlang der geneigten Frontfläche (Abb. 3), was auf eine Intensivierung der Front bzw. auf eine markante Aufrechterhaltung der Niederschlagsbildung hinweist.

Abbildung 3: Vertikalschnitt der potentiellen Äquivalenttemperatur (grüne Linien; in Kelvin), der horizontalen Frontogenese (pinke Linien; in Kelvin/100 km/3 Stunden) und der hydrostatischen Vertikalbewegungen (eingefärbte Flächen; in Pa/s) am 8. April 2022 um 20:00 Uhr Ortszeit auf Basis der Analyse des GFS-Modells. Die blau gestrichelte Linie zeigt die Nullgradgrenze. Quelle: Tropicaltidbits.

Welche atmosphärischen Prozesse führten zum signifikanten Absinken der Schneefallgrenze?

Die ersten Niederschläge erreichten den Süden und Westen des Landes am Morgen gegen 09:00 Uhr Ortszeit. Zunächst lag die Schneefallgrenze bei 800 bis 900 Metern Höhe (Abb. 4a). Kurz nach Mittag schwächte sich der Wind in den unteren Atmosphärenschichten jedoch ab und drehte zunehmend auf Nordost (Abb. 4b). Durch die anhaltenden und zeitweise sogar recht kräftigen Niederschläge in Kombination mit dem sehr schwach werdenden Wind begann die Schneefallgrenze durch das Phänomen der Isothermie zu sinken. Oberhalb von 1000 Metern war der Niederschlag zunächst in fester Form. Die Schneeflocken trafen beim Fallen auf positive Temperaturen und begannen zu schmelzen. Dieser Schmelzprozess (Übergang von Wasser vom festen in den flüssigen Zustand Schmelzen) entzieht der Atmosphäre Energie und führt so zu einem allmählichen Rückgang der Lufttemperatur in den unteren Atmosphärenschichten (vgl. Abb. 4a mit 4b). Folglich konnte die Schneefallgrenze im Laufe des Nachmittags allmählich auf 250 bis 300 Meter absinken, auch wenn zwischen 1000 und 2500 Metern Höhe eine leichte Erwärmung zu beobachten war. Am frühen Abend zeigte sich dann eine mehr oder weniger isotherme Schicht vom Boden bis auf etwa 2000 Meter Höhe (Abb. 4c). Im Laufe des Abends setzte sich der Nordostwind bis auf etwa 2000 Meter Höhe durch, was zu einer leichten Abkühlung der Luft hauptsächlich zwischen 1000 und 2000 Meter Höhe führte (Abb. 4d). Stellenweise fiel der Schnee so stark, dass sich vor allem am Abend und in der frühen Nacht eine dünne, nasse Schneedecke am Boden ausbilden konnte.

Abbildung 4: Messungen des Vertikalprofils der Temperatur (in °C) und des Windes (Pfeile ; in Knoten), durchgeführt von kommerziellen Flugzeugen, die am 8. April 2022 gegen a) 11:54 Uhr Ortszeit, b) 16:34 Uhr Ortszeit, c) 18:13 Uhr Ortszeit und d) 20:28 Uhr Ortszeit am Flughafen Luxemburg-Findel gelandet/gestartet sind. Quelle: E-AMDAR Portal (DWD).