Rückblick auf den Juli 2020: ein außergewöhnlich gewitterarmer Monat in Luxemburg

Im Juli 2020 wurde am Flughafen Findel und sogar im gesamten Land kein einziges Gewitter beobachtet (Abb. 1, rechts). Diese Tatsache ist unter klimatologischen Gesichtspunkten bemerkenswert, da seit Messbeginn 1947 zuletzt im Jahr 1959 am Findel keine Gewitter in einem Monat Juli beobachtet wurden. Im weiteren Verlauf dieses Artikels werden die großräumigen atmosphärischen Anomalien untersucht, die höchstwahrscheinlich im Juli zum Ausbleiben von Gewittern im Großherzogtum geführt haben.

Abbildung 1. (Links) Dichte der Erd- und Wolkenblitze während des meteorologischen Sommers 2020 (Juni, Juli und August). (Rechts) Dichte der Erd- und Wolkenblitze im Juli 2020. Die Berechnung der Blitzdichte basiert auf einem Gitter von 0.025° x 0.025°. Es sei darauf hingewiesen, dass die beiden Farbbalken unterschiedlich normiert sind. Datenquelle: Belgian Lightning Location System (BELLS) des Belgischen Wetterdienstes IRM.


Erinnern wir uns zunächst an die atmosphärischen Zutaten, die für die Entstehung eines Gewitters notwendig sind:
  • ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit in den bodennahen Luftschichten und in den mittleren Schichten der Troposphäre
  • ein starkes Temperaturgefälle mit der Höhe zwischen der unteren und mittleren Schicht der Troposphäre
    • wenn diese beiden Bedingungen erfüllt sind, ist eine verfügbare potentielle Energie für Konvektion (engl. convective available potential energy, CAPE), auch als latente Labilität bezeichnet, in der Atmosphäre vorhanden
  • ein Mechanismus, welcher ein Aufsteigen der bodennahen Luftschichten bis zum sogenannten Kondensationsniveau erzwingt, so dass für die weitere Entwicklung die vorhandene CAPE genutzt werden kann



Im Juli war die Wetterlage über dem atlantisch-europäischen Sektor durch ein starkes Hochdruckgebiet über den Azoren und ein Tiefdruckgebiet über Nordeuropa gekennzeichnet (Abb. 2a). Ein Hochdruckkeil, der sich vom Azorenhoch ausgehend bis nach Osteuropa erstreckte, beeinflusste meist das Wetter in Luxemburg (Abb. 2a). Diese häufige Ausdehnung des Azorenhochs nach Europa im Juli führte im Vergleich zum Referenzzeitraum 1981-2010 zu einer positiven Druckanomalie über dem nahen Nordatlantik (Abb. 2b). Eine noch ausgeprägtere Anomalie war über Skandinavien vorhanden, wo der Luftdruck niedriger ausfiel in Bezug zum 30-jährigen Mittelwert (Abb. 2b). Diese beiden Anomalien in den untersten Atmosphärenschichten sind auch in der Höhe deutlich zu erkennen (vgl. Abb. 2b mit 2d). Infolgedessen war über Westeuropa im Mittel eine westliche Höhenströmung vorherrschend (Abb. 2c), die ab und zu schwache Frontensysteme nach Luxemburg führte.

Abbildung 2. a) Mittelwert des auf Meeresniveau reduzierten Luftdrucks (hPa) im Juli 2020. b) Anomalie des auf Meeresniveau reduzierten Luftdrucks (hPa) berechnet für den Monat Juli 2020 und bezogen auf den Mittelwert der Referenzperiode 1981-2010. c) Mittelwert der geopotentiellen Höhe (= potentielle Energie eines Luftpakets; gpm) der 500-hPa-Druckfläche im Juli 2020. (d) Anomalie der geopotentiellen Höhe (gpm) der 500-hPa-Druckfläche berechnet für den Monat Juli 2020 und bezogen auf den Mittelwert der Referenzperiode 1981-2010. Datenquelle: ERA5 (ECMWF/Copernicus).

Diese großräumige Hochdruckanomalie wirkte sich daher auf die für die Entstehung von Gewittern erforderlichen Zutaten über unserer Region aus. Zum einen waren die bodennahen Luftschichten in Belgien, Luxemburg, Mitteldeutschland und in weiten Teilen Frankreichs trockener im Vergleich zum langjährigen Klimamittel (Abb. 3a), zum anderen zeigte das Temperaturgefälle in den Luftschichten zwischen dem unteren und mittleren Niveau der Troposphäre eine negative Anomalie über Westeuropa, d. h. die Luftmasse über der Großregion war stabiler als üblich (Abb. 3b). Die Kombination dieser Anomalien spiegelt sich im Monatsmittel der CAPE wider, die über den oben genannten Ländern weniger als 75 J/kg betrug (Abb. 3c). Aufgrund der vorherrschenden Hochdruckbedingungen stabilisierte großflächiges Absinken der Luft die atmosphärischen Schichten und Hebungsantriebe waren selten, obwohl im Laufe des Monats einige Kaltfronten über Luxemburg hinweggezogen waren. Zusammenfassend haben wir gezeigt, dass die beständige Konstellation von Hoch- und Tiefdruckgebieten, und insbesondere die östliche Ausdehnung des Azorenhochs, eine wichtige Rolle für das im Juli 2020 beobachtete Gewitterdefizit spielte.

Abbildung 3. a) Anomalie der Taupunkttemperatur in 2 m Höhe über Grund (°C) berechnet für den Monat Juli 2020 und bezogen auf den Mittelwert der Referenzperiode 1981-2010. b) Anomalie der Temperaturdifferenz (°C) zwischen den Druckflächen 800 hPa und 500 hPa berechnet für den Monat Juli 2020 und bezogen auf den Mittelwert der Referenzperiode 1981-2010. c) Mittelwert der CAPE (J/kg) im Juli 2020. Datenquelle: ERA5 (ECMWF/Copernicus).